Kasuri: blau-weißer Ikat aus Japan

Die ausgestellten Exponate aus der Sammlung Inge Boesch sind alle aus der Meji-Periode in Japan (1868-1912).

Es handelt sich um Kimonos für Männer, Frauen und Kinder, sowie um Futonbezüge. Alle Beispiele sind indigoblau mit weißer Ikatmusterung.
Als IKAT wird eine Textiltechnik bezeichnet, bei der die Fäden vor dem Verweben mustermäßig abgebunden und gefärbt werden. Bei dieser Reservagetechnik werden Teile des Garns durch feste Umwicklung mit Bast abgedeckt, sodass die flüssige Stoff-Farbe nicht eindringen kann. Nach der Färbung werden die Umwicklungen gelöst, sodass die weißen Musterstellen sichtbar werden.

Diese unter der indonesischen Bezeichnung Ikat bekannte Technik, heißt in Japan KASURI. Das Abbinden der Kasuri-Muster und das Färben der Garne mit Indigo wurden in dörflichen Werkstätten durchgeführt. Danach brachte man die weiß gemusterten, blauen Garne zu den Webern. Die einzelnen Kettfäden mussten sehr sorgfältig in den einfachen Webstuhl eingespannt werden, damit sich die hellen Musterstellen möglichst wenig verschoben. Es ist jedoch unmöglich, die Kettfäden ganz milimetergenau zu platzieren, sodass immer der typische Ikat-Effekt entsteht. Damit sind ausfransende Konturen, eine gewisse Unschärfe der Ränder gemeint.

Der Doppel-Ikat/Tate-Yoko-Kasuri , der in vielen Exponaten als ganz weiße bzw. sehr helle Stelle zu erkennen ist, ist die komplizierteste Webtechnik, da jede reservierte helle Stelle des querlaufenden Schussfadens genau auf eine helleStelle der senkrechten Kettfäden zu liegen kommen muss.

Die fertigen hüftbreiten, ca 12 Meter langen Gewebestreifen wurden im Anschluss unterteilt und zu größeren Flächen für Kimonos und Futonbezüge zusammengenäht. Bei letzteren wurden die Muster häufig so gereiht, dass sich eine schachbrettartige Ordnung ergab. Diese Futon-Gawa sind Bettbezüge als Hochzeitsgabe aus Baumwolle. Sie zeigen fast immer geometrische Motive in Kombination mit Glückssymbolen wie Kranich, Schildkröte, Löwe, Bambus, Kiefer und Pflaumenblüte.

Die Kasuri-Kimonos in der Ausstellung, sind aus Ramie, einer Stengelbastfaser. Kimonos für die kalte Jahreszeit sind dichter gewebt, Sommerkimonos sind schütter gewebt, leicht und transparent. Die Kimonos für festliche Anlässe haben lose hängende Ärmel, Alltagskimonos haben angeschnittene Ärmel. Manche der Kimonos zeigen winzige Muster in Doppelikat-Technik, andere weisen gegenständliche Bildmotive in Schussikat auf, die mit abstrakten Motiven in Kett- oder Doppelikat kombiniert sind. Als Glückssymbole kommen Pflanzenmotive wie Kiefer, Bambus und Pflaumenblüte vor. Tiermotive wie Kranich und Schildkröte sind Symbole der Langlebigkeit, Tiger und Löwe sind Machtsymbole. Aber auch Schwalben und Ratten sind in den Kimonos zu finden oder sogar Alltags- Motive, wie z.B.Scheren und Tassen. Das beliebteste geometrische Motiv ist die Glückszahl 88, das Hachi-ju-hachi-Motiv, das in vielen Varianten vorkommt.

Text: Brigitte Leben

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